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Emilíana Torrini

08. Oktober 2024
Elbphilharmonie Großer Saal
Einlass:
20:00 Uhr
Beginn:
21:00 Uhr
Tickets:

ab 25,-€ -> KAUFEN

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Eine große Kiste unter dem Dachgeschoss. Darin: Liebesbriefe. Dutzende Liebesbriefe, von Männern aus der ganzen Welt, über Jahrzehnte geschrieben an eine Frau, deren Leben so spannend war wie auch geheimnisvoll.

Von diesem Ausgangspunkt aus hat Emilíana Torrini Miss Flower entwickelt, ihr erstes Soloalbum seit zehn Jahren, welches im Juni diesen Jahres erscheinen wird. Was klingt wie ein absurdes Märchen oder der Einstieg in einen Familienroman, ist Torrini wirklich passiert: nach dem Tod der Mutter einer ihrer engsten Freund:innen fanden sie in deren Wohnung die Kiste mit besagten Liebesbriefen, säuberlich in Ordern sortiert. „Sie hatte neun Heiratsanträge bekommen, aber nie geheiratet“, erzählt Torrini, „wir haben angefangen, einige dieser Briefe, meist, aber nicht nur, von Männern zu lesen. Sie waren ziemlich besessen von ihr, total verknallt.“ Lachend und heulend arbeiteten sie sich durch die Briefe, lasen staunend, dass die Mutter, Geraldine Flower, nach der das Album auch benannt ist, als Teenager einen Nebenjob hatte, bei dem sie ein Löwenjunges nachts durch die Friedhöfe Londons spazieren führte. Oder dass ihr ein Mann schrieb, dass er an sie denke, wenn er den Rasen mäht. „Das hatte so eine Sixties-Sexiness“,sagt Torrini und lacht, „da habe ich meine Freundin gefragt, ob ich darüber einen Song machen darf.“

Sie durfte. Und praktischerweise ist ihre Freundin mit Emilíana Torrinis langjährigem Keyboarder und Songwriting-Partner Simon Byrt verheiratet. Im kleinen Homestudio im Garten, zu ihren Füßen der Hund von Geraldine, lassen sie sich vom Brief inspirieren und entwickeln daraus einen Song. Und hören nicht mehr auf: aus dem Fundus der Kiste ziehen sie immer mehr Briefe und Geschichten und lassen sich zu immer neuen Songs, neuen Narrativen, aber auch neuen Soundlandschaften und Klangwelten inspirieren. So entsteht über zwei Jahre Miss Flower. „Es sollte eine Popplatte werden, wir wollten es anders machen“, erinnert sich Torrini. Sie flechten die Narrative ineinander, ein Song kann auf Basis von dutzenden Briefen einer Person entstanden sein. Jeder Song ist unterschiedlich in Soundwelt und Struktur. Klar, beziehen sie sich doch auf sehr unterschiedliche Menschen und Charakteren: „Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sich sogar mein Akzent verändert.“ Zusammengehalten werden die Stücke von Emilíana Torrinis unverwechselbarer Stimme, dem Fokus auf elektronische Elemente und einer einzigartigen Mischung aus Melancholie und Witz.

Natürlich habe Geraldine Flowers Stimme, ihre Perspektive gefehlt, sagt die Musikerin. Bis, kurz vor Schluss der Aufnahmen, ihre Freundin Zoe, die Tochter der mythischen Geraldine Flower, ein von ihr geschriebenes Gedicht findet, dass ihrer großen Liebe gewidmet ist. Torrini nimmt das Gedicht auf, und dichtet einen neuen Teil dazu: „Als ob ich es mit ihr zusammen geschrieben hätte. Es war mir so wichtig, dieses Stück zu haben. Jetzt wusste ich: wir können das Album beenden.“ Auch wenn es ihr alles andere als leicht fiel, das Projekt zu beenden. Noch so viele Briefe warteten, noch so viele Geschichten, in denen sie sich hätte verlieren können. Aber: es war Zeit, loszulassen.

Über das Mittel der „biographischen Fiktion“, wie Torrini das Projekt nennt, nähert sie sich der wunderbaren Miss Flower über den Blick, den ihre Liebhaber:innen auf sie hatten, an. Und erzählt damit eine Geschichte von Liebe und Begehren, aber auch von Unabhängigkeit, von Freiheit und Selbstbestimmung.

Unabhängigkeit und Freiheit: das sind auch große Themen für Emilíana Torrini. Seit Mitte der Neunziger ist die Musikerin mit italienisch-isländischen Wurzeln aktiv. Und legte dabei schon immer Wert darauf, unabhängig und selbstbestimmt ihre Kunst ausleben zu können. In den vergangenen zehn Jahren etwa, in denen sie kein Soloalbum veröffentlichte, war sie alles andere als untätig, nahm zahlreiche Features auf, war Teil ausgefallener Projekte, wagte musikalische Experimente mit alten und neuen Freund:innen, etwa den Musikern des Colorist Orchestra mit denen sie im vergangenen Jahr im ausverkauften Saal der Elbphilharmonie aufgetreten ist. „Ich habe mich von der Musikindustrie so eingeschränkt gefühlt. Wenn ich auf der Bühne stand, habe ich darüber nachgedacht, wie ich meine Wäsche mache. Da wusste ich: es ist Zeit eine Pause zu machen. Und habe beschlossen zu allen Anfragen, die reinkamen ‚ja‘ zu sagen. Und habe Dinge gemacht, die außerhalb meiner Komfortzone lagen. Ich hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen, was mich wieder begeistert“ Die Übung sollte funktionieren, Emilíana Torrini verliebte sich wieder in die Musik.

Miss Flower ist Ergebnis dieser wieder entfachten Liebe zur Musik, das Emilíana Torrini am 8. Oktober im Großen Saal der Elbphilharmonie live auf die Bühne bringen wird.