Albertine Sarges
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Nach ihrem umjubelten Record-Release-Konzert im Februar 2025 in Berlin kommt Albertine Sarges im November 2025 auf Deutschland-Tour – und das in beinahe ursprünglicher Besetzung aus den frühen Tagen, als die Band noch unter dem Namen Albertine Sarges & The Sticky Fingers auftrat.
Mit an Bord ist Bassistin Rosa Mercedes, die nach vier Jahren in Australien wieder in den Hafen Berlins zurückgekehrt ist, die Improvisationskünstlerin Lisa Baeyens an der Flöte sowie Sarges' Co-Produzent Lo Selbo an Percussion/Elektronika. Gemeinsam präsentieren sie eine Neuinterpretation ihrer Songs – luftig und kunstvoll arrangiert, mit einem feinen Gespür für Raum und Stille, die Pausen bewusst zulässt und die Klanglandschaft mit besonderer Sensibilität auslotet. Das Set wird zudem um einige neue Kompositionen bereichert – denn am Horizont zeichnet sich bereits Neues ab...
Mit ihrem Debütalbum The Sticky Fingers (2021) auf dem Londoner Label Moshi Moshi gelang Albertine Sarges ein Überraschungserfolg. Es war Album des Tages und der Woche auf BBC6 und Radio X, Ihre Songs liefen auf Rotation. Auch hierzulande blieb das nicht unbemerkt: VUT Awards und Deutschlandfunk Kultur nominierten sie als Newcomer des Jahres 2021. 2023 folgte Family of Things (EP). Nun erscheint ihre zweite LP Girl Missing am 21. Februar 2025 (Moshi Moshi Records).
Das Cover von Girl Missing ziert eine Wandmalerei aus der ältesten Marienkirche Roms. Ein stilles Augenpaar starrt gespenstisch aus einem jenseitigen Nichts. Die Arbeit am Album begann mit einem Verschwinden. Eine enge Freundin von Albertine Sarges brach kommentarlos jeden Kontakt ab. Zurück blieben Memorabilia und offene Fäden. Die Berlinerin zog sich zurück und begann, ein Mosaik aus Songs zusammenzusetzen. Es entstand das Bild einer monumentalen Sehnsucht.
Girl Missing ist kein trauriges Album. Hinter dem Verlust findet sich die Erkenntnis, wie gut es ist, weiterzulieben, auch wenn das, was man liebt, verschwindet. Dieser Wunsch nach Verbindung war für Sarges’ musikalisches Schaffen schon immer ein Motor. Vielleicht ist das Girl Missing eben kein vermisstes Mädchen, sondern ein vermissendes. Den innewohnenden Schmerz übersetzt sie in eine nach außen strahlende musikalische Erfahrung voller Lebenslust. Mit jedem der 13 Songs des Albums erscheint die Sängerin mehr, tritt aus der Dunkelheit heraus und steht im Raum als das Subjekt ihrer Liebe.
Eklektisch, aber niemals epigonal reihen sich die Tracks mit einem großen musikalischen Vokabular aneinander. Eindrücke von Indie Rock, Blues, Artpop und dem goldenen Zeitalter der 70er Jahre bieten sich an, drängen sich aber nicht auf. Ihre musikalische Vielfalt mag Albertine Sarges als Kollaborateurin in diversen Genres entwickelt haben (Kat Frankie, Holly Herndon, Christiane Rösinger, Ostia).
Das Album entstand an zwei sehr unterschiedlichen Orten. Zum einen in der Betonlandschaft eines Gewerbeviertels in Berlin-Marzahn, in dem Sarges viele Winterwochen lang, beleuchtet nur von der kleinen Lampe auf dem Fensterbrett, die Sensibilitäten ihrer bekenntnishaften Lieder abtastete. Zum anderen am britischen Küstenort Margate, ein von Windböen und Möwengeschrei aufgepeitschtes Städtchen mit bunten Häusern, wo sie in einem Musikstudio ihres Londoner Labels, der PRAH-Foundation, gemeinsam mit ihren musikalischen Kompagnons die Songs weiterentwickelte.